Historische Radtour

18 Personen zählte die Radtour nach Westerwiede, Ortsteil von Bad Laer (Weitere Ortsteile sind Hardensetten, Müschen, Winkelsetten und Remsede). Dr. Rolf Westheider löste damit ein Jubiläumsgeschenk an den Heimatverein Oesterweg zum 40sten Jahrestag ein. Dieses Frühjahr haben wir (zurecht) die Tour verschoben, das Wetter war an dem angesetzten Tourtag grauenvoll.

Heute sah es etwas besser aus. Nach einer kurzen Begrüßung durch Rolf Szymanski stimmte uns Dr. Westheider auf die Tour zu unseren entfernten Nachbarn ein. Immerhin werden während der Tour 3 alten Regierungsbereiche durchfahren (Versmold, Bad Rothenfelde und Bad Laer) und damit überschreiten wir 3 alte Grenzen mit allen ihren Gefahren (Wegelagerei, Unkemänner, abgeschiedene Wildnis …).

Nach 10 km legen wir eine erste Rast ein. Inzwischen schon auf dem Gebiet von Müschen erzählt Rolf Westheider von der historischen Bedeutung dieser Landschaft und verflechtet es mit der Geologie und der heutigen Bewirtschaftung. Die Sonne kommt heraus, die Jacken werden ausgezogen, die Wetter-App zeigt alles gut an, die Fahrt geht weiter. Aber nur 10 Minuten – dann fängt es auf einmal an zu regnen. Wir überstehen den Regen erst unter den Bäumen und dann in einer Scheune.

Während der unfreiwilligen Pause lässt es sich Rolf Westheider nicht nehmen, weiter über die Orte und Landschaften sowie deren historische Einzelheiten zu referieren. Unsere geplante Pause auf dem Thieplatz in Bad Laer entfällt, wir radeln weiter zu den Teufelssteinen.

Hier handelt es sich um die Reste eines 5.000 Jahre alten Hünengrabes, das inzwischen kaum noch zu erkennen ist. Die Steine wurden gesprengt und in einem nahe gelegenen Gehöft verbaut. Auf jeden Fall aber nehmen wir mit, dass schon vor vielen tausend Jahren in dieser Gegend Menschen lebten.

 

Folgender Text ist auf der Hinweistafel zu den Teufelssteinen zu lesen:

An dieser Stelle lag auf einer Sanddüne, deren Rest noch vorhanden ist, eines der wenigen südlich des Teutoburger Waldes errichteten Groß-Steingräber Nordwestdeutschlands. Dieses als „Teufelssteine“ bezeichnete Grab wurde um 1860 zerstört. Man sprengte die Steine, fuhr sie ab und verbaute sie im Keller eines Wohnhauses.

Groß-Steingräber stammen aus der Jungsteinzeit, und zwar aus den Jahrhunderten um die Mitte des 3. Jahrtausends v.Chr. Auch von den heute noch erhaltenen Anlagen ist gleichsam nur noch das Skelett vorhanden, bestehend aus der aus Findlingen errichteten rechteckigen Grabkammer und in einigen Fällen einer umlaufenden Einfassung aus kleineren Steinen, die ursprünglich die Begrenzung des über der Grabkammer aufgeschütteten Erdhügels bildete. In die mit einem Steinpflaster versehenen und ostwestlich ausgerichteten Kammern führten gedeckte Gänge, die zumeist an den südlichen Längsseiten lagen. Die Lücken zwischen den Trägersteinen der Kammern waren mit kleinen Steinen ausgefugt. Die Groß-Steingräber dienten mehrere Generationen hindurch als Begräbnisplätze von Familien oder Sippen. Zur Ausstattung der Toten gehörten Tongefäße mit tief eingestochenen Verzierungen, Steinbeile, Feuersteinpfeilspitzen sowie Schmuck aus Bernstein, Kupfer und Tierzähnen.

Im Jahre 1881 führte F. Jostes an dem ehemaligen Standort der „Teufelssteine“ eine Ausgrabung durch. Er fand Reste des Pflasters der Grabkammer aus glatten Kalksteinen und runden Kieselsteinen sowie Teile eines Trockenmauerwerkes aus „Laerschen Steinen“, das die Zwischenräume zwischen den Trägersteinen ausgefüllt hatte. An Funden konnte Jostes lediglich einige wenige Scherben von tiefstichverzierten Tongefäßen bergen.

 

Neben dieser nüchternen Erklärung für das Vorhandensein (oder Nicht-Mehr-Vorhandensein) des alten Steingrabes gibt es auch eine schöne Legende, wie denn diese Teufelssteine entstanden sind:

Im Norden von Laer, unweit der Grenze des jetzigen Kirchspiels Glane, lagen dereinst mehrere an- und aufeinandergewälzte Findlinge von ungewöhnlicher Größe, die Teufelssteine genannt. Nicht weit von diesen Steinen stand ein altes, großes Bauernhaus (heute Westerwiede). Wie viele Bauersleute aus Glane, Glandorf und Laer beklagte sich dieser Bauer oft und heftig über den langen und schlechten Kirchweg. Ja, seine Klagen gingen nicht selten in Verwünschungen der Kirche selber über, wegen welcher er diesen beschwerlichen Gang machen musste. 


An einem Weihnachtsmorgen, als er wieder seinen Kirchgang antrat, um die Frühmesse (Uchte) zu hören, war es recht böses Wetter, Sturm und Schneegestöber und dabei stockfinster. Der Bauer fluchte bei jedem Schritt und Tritt und statt Gottes Hilfe rief er in seiner Tollheit den Teufel an. Da stand der Böse plötzlich bei ihm und fragte freundlich, wohin er wolle, weshalb er so erbost sei, warum er nicht lieber bei Frau und Kind daheim geblieben sei, wenn ihn der Weg so ärgere? 

Anfangs gab der Bauer keine Antwort, ging murrend weiter, zuletzt aber stieß er hervor: "Meine Seele gäbe ich darum, brauchte ich nicht zur Kirche". "Topp", sagte der Teufel, "deine Seele gehört mir, denn ich bau` dir eine Kirche so schnell, wie du es verlangen wirst." "Ist das dein Ernst?", fragte der erschrockene Bauer den Satan und Seelenfänger. "Freilich", erwiderte dieser, "der Handel ist abgeschlossen, bestimme nur noch die Frist". 

Als der Bauer sah, dass mit dem Teufel nicht "gut Kirschen essen" war, dachte er durch Bestimmung einer ganz kurzen Frist von dem Handel loszukommen und sagte: "Nun gut, ehe der erste Hahn kräht, muss die Kirche fertig sein". Im nämlichen Augenblick war der Teufel verschwunden. Es entstand ein Getöse in der Luft, dass die Erde ringsum erbebte. Legionen unsichtbarer Geister waren geschäftig am Werke, Granitblöcke wurden durch die Luft getragen - wie von Vögeln Flocken und Wolle zu ihrem Neste. Unsichtbare Hände trugen sie herab, ordneten sie und verbanden sie zu einem festen Gemäuer. Schon erhob sich das Gewölbe, der Glockenturm war fertig. Nur der Schlussstein fehlte noch, welchen eben der Teufel mit Windeseile in der Luft hoch über Laer dahertrug. 

Da erfasste namenlose Angst den Bauern, reuig blickte er auf zum Himmel und rief zu Gott: "Gott, hilf mir!" Und siehe, Gott sandte ihm den Gedanken zur Rettung in seine Seele. Freudig klatschte der Bauer plötzlich in seine Hände und schrie aus voller Kehle: "Kikeriki!". Diesen Morgengruß trug Gottes Odem, der Wind, herüber nach Laer und voll krähend erwiderte ihm der Hahn von Dreiers Erbe am Bache. 

Als der Teufel dieses hörte, schleuderte er den Schlussstein wütend aus der Luft herab gegen den Hahn. Der Stein fiel aber vor Dreiers Türe nieder, wo selbst er viele Jahre lag, dann aber zum Steinpflaster verbraucht wurde. Die Kirche, welche der Teufel nicht hatte vollenden können, stürzte zusammen und die Trümmer derselben sind jene Teufelssteine, welche noch jetzt auf dem Sandhügel liegen. 

Die Sage von den Teufelssteinen bei Laer dürfte frühmittelalterlichen Ursprungs sein und etwa vom 12. Jahrhundert an weiter erzählt worden sein.

Einkehr in den Westerwieder Bauernstuben auf ein Stück Kuchen und ein Kännchen Kaffee mit weiteren Erläuterungen zum Thema Westerwiede (also westlicher Wald) und Osterwede (soviel wie östlicher Wald). Aufbruch mit Gewitterfront links und Gewitterfront rechts. 10 km ging das gut und dann, kurz  hinter den Pferdeställen beim Dreiländereck, erwischte es uns. Mitten drin, im Gewitterschauer und keine richtige Unterstellmöglichkeit. Aus der bisher geordneten Radtour wurde schließlich, nach einer halben Stunde und nachdem wir alle schon bis auf die Haut nass waren, ein ungeordneter Rückzug nach Hause; ein Jeder auf dem kürzesten Weg.

Schade eigentlich, wir hatten noch einen Abschluss im Stadtpark geplant, aber daran war nicht mehr zu denken.

Trotz allem eine bis dahin gelungene Radtour. Dr. Rolf Westheider plant für nächstes Jahr diese Tour andersherum zu fahren, also mit Teilnehmern aus Westerwiede zu uns zu kommen und ev. im Heimathaus Rast mit Kaffee und Kuchen einzulegen.

Rolf Szymanski im September 2014